v1.0
Untertitelung: BR 2017
Ab jetzt.
Hopp.
Für die müden Kühe
ist es der letzte Tag im Stall.
Lucia Mayer ist schon länger wach.
Um fünf Uhr früh
hat ihr Wecker geklingelt.
Melken und Füttern,
das ist für sie als Lehrling
auf dem Bauernhof bei Wangen
im Allgäu der Alltag.
Heute steht ein Umzug an:
Das Jungvieh kommt auf die Alpe.
Seit elf Monaten
arbeitet Lucia auf dem Betrieb.
Ihr Ausbilder
ist Hofbauer Elmar Karg:
Eine Zeit lang
hat es den Ausspruch gegeben:
"Mein Bub kann halt
sonst nicht so viel.
Jetzt macht er
halt eine Bauer-Lehre.
Die Zeiten sind vorbei.
Solche Jungs
bleiben auf der Strecke.
Da wird dir nichts geschenkt
und das ist auch der falsche Weg.
Das Ausladen ist für die Treiber
eine Herausforderung.
Die Tiere sind aufgeregt,
für die meisten ist der Weg fremd.
Scheu vorm Vieh hat Lucia nicht.
Die 21-Jährige ist mit Kühen
groß geworden,
die Eltern besitzen
einen Hof im Oberallgäu.
Einen Auftrieb in dieser Größe
erlebt sie aber heute zum ersten Mal:
Ho, ho, ho, ho!
Ho, ho, ho, ho!
Ho, ho, ho, ho!
Ho, ho, ho, ho!
Fast 180 Kühe müssen
hinauf zur Mittelstieg-Alpe.
Die Sommerweide
liegt auf 1200 m Höhe,
gleich unterm Hochgrat
bei Oberstaufen.
Hopp.
Die Tiere kommen
aus verschiedenen Ställen,
verbringen den Sommer aber
gemeinsam auf der Weide.
33 Stück Jungvieh gehören
zu Lucias Ausbildungshof.
Im Schatten machen die Treiber
und das Vieh eine kurze Pause.
Die haben ein ganz schönes Tempo.
Heute sind sie insgesamt sehr flott.
Das Problem ist,
wenn sie uns dann pfitzen.
Dann wird alles nervös
und jeder will dem Leitrind
nachspringen.
Dann kann's sein,
dass sie über die Zäune rausgehen.
Aber das haben wir zum Glück
verhindert.
Einmal hab ich gedacht,
jetzt wird's brenzlig,
weil da haben
die Vorderen umgedreht.
Ich hab gedacht,
wenn die zurückdrücken,
dann geht's über die Zäune raus.
Vor knapp zwei Jahren hat Lucia
ihre Lehre als Landwirtin begonnen.
Zuerst ein Jahr an der Berufsschule
und jetzt ein Jahr Praxis.
Wie lief's bei dir?
Hat eigentlich ganz gut geklappt.
Aber es war schon
ziemlich anstrengend.
Auch wenn es immer noch eine
eher männlich geprägte Welt ist,
Landwirtin war schon immer
ihr Berufswunsch.
Man schafft mit den Tieren,
man ist draußen,
man ist selbstständig.
Ich kann selber entscheiden.
Ich kann mir alles selber einteilen.
Grad, wenn man Kinder hat später,
ist es schön.
Man hat die daheim,
muss sie nicht weggeben.
Das find ich toll.
Der Viehauftrieb
in die Allgäuer Alpen
war ein kurzer Ausflug.
Der Alltag findet unten auf dem Hof
in Hergatz statt.
Lucia und ihr Ausbilder Elmar Karg
haben sich in
die Werkstatt zurückgezogen.
Fünf Tage bleiben Lucia
bis zur praktischen Prüfung,
der wichtigste Teil
ihres Abschlusses.
Dafür muss sich die Auszubildende
nicht nur mit Tieren gut auskennen.
Und dann kann man rausbauen
und schauen ... - Genau.
Am Schwert aushängen.
Dann kannst du hier ...
- Das Innere.
Genau. Das muss sauber sein.
Und auch die Kettenführung,
das komplette Schwert ausblasen.
Lucia, wie fit bist du an der Säge?
Mittlerweile geht's
eigentlich schon ganz gut.
Schauen wir mal,
wie's am Freitag läuft.
War das was, was du
schon von zu Hause kanntest?
Ich kannte es schon.
Aber die Wartung hab ich vor
der Lehre noch nicht oft gemacht.
Das hat immer der Papa gemacht.
Aber es geht eigentlich.
Am Anfang hab ich
am meisten Angst gehabt,
mit den vielen großen Maschinen
zu fahren.
Also mit dem Schmetterlings-Mähwerk,
das hinten zwei Mähwerke hat.
Über die Straße zu fahren, das
war am Anfang gewöhnungsbedürftig,
weil es groß ist, breit und hoch.
Und dann über die Hauptstraße zu
fahren, das ist gewöhnungsbedürftig.
Mein Chef hat andere Einstellungen
gehabt als mein Vater.
Das war wichtig,
dass man mal was anderes hört,
wie's andere machen.
Und mal was anderes
gesehen zu haben.
Lucia arbeitet nicht nur
auf dem Bauernhof,
unter der Woche wohnt sie auch dort,
bei Sabine und Elmar Karg
und deren zwei Kindern.
Schon allein wegen der Arbeitszeiten
ist das sinnvoll.
Die Lehre auf einem anderen Hof
bietet aber auch neue Einblicke
in den Alltag einer anderen Familie.
Im Namen des Vaters, des Sohnes
und des Heiligen Geistes. Amen.
O Gott, von dem wir alles haben,
wir preisen dich für deine Gaben.
Du speisest uns, weil du uns liebst.
O segne auch, was du uns gibst.
Im Namen des Vaters, des Sohnes
und des Heiligen Geistes. Amen.
An den Wochenenden fährt Lucia
zu ihren Eltern nach Altusried,
etwa eine Dreiviertelstunde
Autofahrt entfernt.
Woanders als daheim
hat sie bisher noch nie gewohnt.
Ich find es ganz nett,
es ist mal was anderes.
Man ist nicht immer daheim
und man lernt auch viel,
wie's woanders zugeht.
Ich hab gedacht,
mir macht das mehr aus,
aber gar kein Problem.
Wie ist das, ein weiteres
Familienmitglied zu haben?
Ich hab mich dran gewöhnt.
Das ist echt total nett.
Aber mein, wie soll ich sagen,
meine Bedingungen am Anfang ...
Weil früher war's üblich,
dass sie im Haus mitgewohnt haben.
Da hab ich gesagt, nein,
das mag ich eigentlich nicht.
Ist mir ein bisschen zu eng.
Und dadurch,
dass wir das gut gelöst haben
mit der Wohnung bei den
Schwiegerleuten oben drin,
ist das hervorragend.
In meiner Ausbildung hatten wir
das gleiche Bad, gleiche Toilette.
Was wir jetzt teilen,
ist quasi Waschküche,
den Kühlschrank und Küche.
Das passt und es hat auch der
Lehrling seinen Rückzugsbereich
und wir unseren auch.
Aber mir macht's
grundsätzlich wahnsinnig Spaß,
junge Leute am Tisch zu haben,
mit jungen Leuten zu schaffen,
drum machen wir das.
Nach dem Essen
geht es weiter mit der Säge.
Zum Schwert 90° ist da
so eine Linie eingezeichnet.
Nach der kann ich gehen.
Die Linie muss
genau auf den Pfosten.
Auch einen Baum zu fällen
könnte Prüfungsaufgabe sein.
So ganz ohne Hilfe
klappt das noch nicht.
Lucia, du musst
von oben durchschauen.
Wenn du schräg reinschaust,
hast du einen Knick in der Optik.
Schau mal von mir aus.
Jetzt setzt du noch mal an
und tust ihn da ein wenig rein.
Die Prüfung, da ist man aufgeregt
und braucht Routine.
Drum müssen wir uns
mit irgendwas behelfen.
Momentan ist keine Waldzeit,
steht keine Waldarbeit an.
Da müssen wir uns mit so was,
mit Improvisation aushelfen.
Das ist schon ganz okay,
bloß beim nächsten Mal schauen,
dass du waagrecht bist.
Dass du nicht nach unten hängst,
sondern dass du schön waagrecht
das Schwert ansetzt.
Das ist reine Übungssache.
Der, der sich wirklich
in den Beruf rein wagt,
der weiß normal schon,
was auf ihn zukommt.
Die haben einfach wahnsinniges
Interesse an der Natur,
an den Tieren.
Das ist eine Freude zu sehen.
Mein Vater hat z.B. gesagt:
Wer soll das machen irgendwann mal?
Er hat gesagt, er ist gespannt,
wie sich das mit
der Landwirtschaft entwickelt.
Aber seit er sieht,
wie die bei uns motiviert
an die Sache rangehen
und wie die mit den Kühen umgehen
und wenn die frei haben,
sind die oft im Stall.
Da siehst du, dass das überzeugte
Jugendliche oder junge Leute sind,
die das mit Liebe weiter fortführen.
Heu-Ernte bei Oberstaufen.
Auch Michael Denz hat sich
für die Landwirtschaft entschieden.
Seinen Meister hat der 25-Jährige
vor drei Jahren gemacht.
Später will er den Hof der Eltern
in Steibis übernehmen.
Noch ist es nicht so weit.
Er und Vater Hubertus
arbeiten gemeinsam.
70 ha Land bewirtschaften sie.
Viel Arbeit für die Familie.
Sind das hier eure Flächen?
Nein, die sind gepachtet.
Da haben wir vor acht Jahren,
wo ich gewusst hab,
dass ich weitermach
oder dass ich den Landwirt mach,
die Fläche dazu gepachtet.
Seitdem haben wir die in Pacht.
Hier sind wir auf 1000 m Höhenlage.
Wie sind solche Tage
wie heute und gestern für dich?
Sagen wir mal so,
sie sind anstrengend,
aber es gehört zum Beruf und man
muss das mit Leidenschaft machen,
weil es gehört
ein bisschen Idealismus dazu.
Hier sind die Saisonspitzen,
aber da hilft die ganze Familie.
Dann ist das zu bewältigen.
Bei der Heu-Ernte
ist nicht nur der Vater dabei,
seine Schwester Katharina
hat sich extra dafür Urlaub genommen.
Jetzt müssen sie bei der Hitze das
Heu schnell in die Scheune bringen,
lange wird das gute Wetter
nicht halten:
Regen hat sich angekündigt.
Der Hof ist ein reiner
Milchwirtschaftsbetrieb.
Drei Ferienwohnungen im Haus
vermietet die Familie auch noch.
Gutes Heu ist wichtig
für den kleinen Betrieb.
Die Tiere bekommen kein Silofutter,
sondern nur Heu und Getreide.
Die Familie Denz verzichtet
grundsätzlich auf vergorenes Futter.
Früher war das
die allgemein übliche Fütterung,
heute hat reine Heufütterung
Seltenheitswert.
Der achtjährige Korbinian
ist das Nesthäkchen in der Familie.
Als Hofnachfolger
ist er noch zu klein.
Katharina, die älteste Schwester,
arbeitet als Köchin in der Schweiz,
die jüngste Schwester
studiert Maschinenbau.
Ganz schön schwer, oder?
Ja.
Magst du auch Bauer werden
wie dein Bruder?
- Ja.
Und warum?
Weil ich auch mal gerne
Trecker fahren will.
Mittags treffen sich alle bei Tisch,
Mutter Ingrid hat gekocht.
Nur der Vater bleibt auf dem Feld.
Er bringt das letzte Heu ein.
Magst du noch Salat?
Heut nicht.
- Heut nicht?
Ein bisschen.
- Nein.
Ich hab gesagt Nein.
- Okay.
Bald wird noch einer mehr
mit am Tisch sitzen.
Michael hat nicht umsonst
seinen Meister gemacht.
Auch bei ihm wird ein Lehrling
auf dem Hof wohnen und arbeiten.
Michael, jetzt hast du heute
Unterstützung von der Familie.
Ab August hast du
noch weitere Unterstützung.
Ja, ab 1. August kommt der Lehrling,
der erste, den wir haben.
Wir sind gespannt,
wie das alles abläuft,
aber ich denk, dass das auch eine
Entlastung für meine Eltern ist
und für mich vielleicht auch,
dass man mal mit der Freundin
weggehen kann, wär nett.
Man hat es sich jetzt
auch immer freigeschaufelt,
aber es ist entspannter.
Ich hab's mir vorgestellt,
wie's bei meiner Ausbildung war.
Da hat man viel lernen können.
Du durftest alleine arbeiten,
durftest mit den anderen mitarbeiten
und da lernst du einfach
viel mehr dazu.
Kannst du dich erinnern,
wie das für dich war?
Wie alt warst du damals?
Ich war 16.
Oder 17 war ich.
Ich war grad 16.
Grad 16 war ich.
Es war schon eine harte Zeit.
Ich bin eigentlich
ein "Heimscheißer".
Der war 100 km weit weg,
also ziemlich im Unterland,
in Kaufbeuren da unten.
Der Wirt, die Familie war echt toll,
der Lehrbetrieb.
Der Lehrmeister war
auch ein junger Meister.
Da warst du auch der erste Lehrling.
- Damals war ich bei dem der erste.
So stell ich mir das vor.
80 Tiere haben sie im Stall,
davon sind 28 Milchkühe.
Damit kommen sie
auf gute 680 l Milch täglich.
Auf geht's.
Vom Größenwachstum des Betriebs,
denke ich, sind wir am Limit.
Es soll ja noch ein Familienbetrieb
sein und wir sind ja im Berg-Gebiet
und da kann man nicht
für 100 Kühe bauen.
Da ist es besser,
wenn man kleinstrukturiert bleibt
und das dann richtig macht
und die Milch-Menge
und den Absatz im Griff hat.
Dann ist es beständig
für die Zukunft.
Mit der Heumilch verdient
Familie Denz deutlich besser
als mit Milch
aus konventionellem Anbau.
Zweimal am Tag,
in der Früh und am Abend,
fährt Michael zur Sennerei im Ort.
Auch für Korbinian ist das praktisch,
die Sennerei liegt
gleich auf dem Schulweg.
Vor einem Jahrhundert schon
wurde die Dorfsennerei
in Steibis gegründet.
Und sie hat bis heute überlebt.
Inzwischen ist es eine Genossenschaft
von neun Milchbauern aus dem Ort.
Sie führen den Betrieb eigenständig.
Zweimal täglich bringen die Bauern
ihre Milch zur Sennerei,
ausschließlich Heumilch.
Michael Denz hat damit
die Nische gefunden,
die ihm den Fortbestand
seines Hofes sichern soll.
Zwei Käsemeister
machen hier täglich frischen Käse.
Hauptsächlich Bergkäse,
Emmentaler und Schnittkäse.
Verkauft wird der Käse im
Genossenschafts-Laden gleich nebenan.
Der Hof von Familie Eldracher
in Immenstadt.
Pünktlich mittwochs um 8.30 Uhr
beginnt hier die erste Schulstunde
für die fünf Lehrlinge aus
der Landwirtschaftsschule Kempten.
So, dann starten wir
den heutigen Tag.
Heute gibt es Unterricht
auf der Kuhweide.
Hier unten machen die Kühe
immer ihre Faxen,
aber auf der Anhöhe beruhigen sie
sich. Da ist auch Schatten.
Und sie wissen genau,
dass dort auch etwas Wind geht.
Und alle hier bis auf einen
kommen selbst vom Hof.
Für Ferdinand Brams
war es nicht selbstverständlich,
Landwirt zu werden.
Worauf muss ich achten als Landwirt.
wenn ich an eine Kuh hingehe?
Keine hektischen Bewegungen,
mit der Kuh sprechen.
Mit dem Vornamen ansprechen.
So bekommt man das Vertrauen der Kuh
und das werden wir jetzt
zusammen machen, Ferdinand.
Mal schauen,
ob sie das Vertrauen zu uns hat.
Na, wie schaut es aus? Keine Lust?
Du kannst mich mal.
Das Wissen, das die anderen
schon von Kind auf mitgenommen haben,
muss er sich erst aneignen.
Was ist los? Keine Lust?
Mag nicht.
Zu übermütig heute.
Im Stall oder mit der Kuh,
wie sie sich verhält,
wann man genau weiß,
wann sie kalbt,
so was muss man erst dazulernen,
weil man es von daheim nicht kennt.
Den legen wir um das Maul rum,
dass es Spannung hat,
aber nicht zu fest ist.
Mit dem Strick
kommen wir hinter das Ohr
und machen hier einen Knopf.
Wie muss der Knoten laufen?
Der muss von oben nach unten.
Von außen nach innen.
Dann kommt er nach hinten.
Und hier unten wieder durch.
Mit der rechten Hand führen,
möglichst nah am Kopf.
Worauf achtest du
bei der Handführung?
Dass das Seil schön
in der Handmitte liegt
und nicht um die Hand rum ist,
wie eine Schlaufe.
Dass es sich nicht zuziehen kann,
falls die Kuh sich hektisch bewegt
oder erschreckt wird,
damit die loslassen kann.
Hopp! Gehen wir auf die Höhe rauf,
da ist noch mehr Sonne.
Ferdinand, du darfst noch ziehen.
Ferdinands Mitschüler sind mit
der Arbeit am Hof zwar gut vertraut.
Doch reicht das wirklich, um
sich für diesen Beruf zu entscheiden?
Was war der Grund,
dass ihr euch für die Ausbildung
entschlossen habt?
Man will ja den Hof auch mal weiter
führen und eine Familie gründen,
dass der Hof besteht.
Hätte es, wenn ihr es
anders gewollt hättet,
andere Möglichkeiten gegeben?
Ja klar.
Erzwingen kann man nichts,
das muss man auch gerne machen,
aber ich mach das gerne
und bei mir war das klar,
dass es keine andere Lehre gibt.
Ich war in der Industrie fünf Jahre.
Weil ich auch
eine Landwirtschaft hab,
will ich eine
Landwirtschaftsausbildung machen,
damit ich den Betrieb
daheim weiterführen kann.
Und was hat dich wechseln lassen?
Die Arbeitszeiten, der Wechsel
zwischen Spätschicht und Frühschicht
und bei schönsten Wetter
muss man arbeiten.
Im landwirtschaftlichen Betrieb
ist es so,
wenn die Arbeiten gemacht sind,
kann man auch mal mit der Familie
zum Baden oder Radfahren,
wenn das Wetter schön ist.
Im Industriebetrieb
muss man da eben arbeiten.
Die Arbeit geht natürlich
auch auf einem Hof nie aus.
Selbst nicht
in einem so modernen Stall,
wie ihn Ausbilder
Josef Eldracher besitzt.
In seinem Naturland-Betrieb
werden die Kühe rund um die Uhr
vollautomatisch versorgt.
Der elektronische Stall stellt sich
ganz auf ihren Rhythmus ein.
Das Reinigen des Spaltenbodens
übernimmt hier der Roboter.
Und die Tiere entscheiden selbst,
wann sie gemolken werden.
Das Kraftfutter lockt die Kuh
in den Melkstand.
Dort wird ihr Euter
per Laser vermessen
und der computergesteuerte Arm
setzt die Melkbecher an.
Vor 4 Jahren hat Josef Eldracher
den Stall umgebaut,
eine Investition
für die nächsten 20 Jahre.
Allein der Melkroboter
hat ihn schon 150.000 Euro gekostet.
Sein Sohn will den Betrieb
später fortführen.
Was früher schwere Arbeit war,
wie Füttern, Melken und Misten,
ist in dem Fall alles mechanisiert.
Da merkt man, dass der Tagesablauf
leichter vollzogen werden kann.
Unser Betrieb hat früher
35 Kühe im Anbindestall gehabt
und jetzt haben wir 70 Kühe
im Laufstall mit moderner Technik.
Und die Arbeit ist
nicht mehr geworden.
Ein Fütterungsroboter versorgt die
Rinder mit Silofutter und Getreide.
Wenn wir an der Seite stehen,
kann es sein,
dass wir am Sensor vorbeikommen.
Wie empfindest du den Geruch?
Sehr gut, aromatisch,
nicht säuerlich, ist wichtig.
Was findet man da alles?
Getreide, Mineralfutter.
Immer wieder passt sich der Lehrplan
an den Wandel
der Landwirtschaft neu an.
In den Anfangszeiten haben wir noch
Handmähen mit der Sense beigebracht.
Auch das Dengeln von der Sense,
das Schleifen von der Sense
mit einem Wetzstein.
Das ist heute
aus dem Programm draußen.
Das gibt es nicht mehr,
weil die Zeit davongelaufen ist.
Das ist ein typischer Zeiger,
dass der Boden bisschen sauer ist.
Manches Wissen ist zeitlos.
Ferdinand muss z.B. wissen,
was auf seiner Weide wächst.
Für eine Gräsermappe soll er
mindestens 66 Pflanzen sammeln.
Das ist Frauenmantel.
Da nimmst du
ein richtig schönes Blatt
und da siehst du,
dass es der Frauenmantel ist,
der nach vorne aufmacht.
Das ist ein ganz wertvolles Kraut.
Frauenmantel ist ein Heilkraut
bei der Tierernährung.
Ferdinand gefällt
die Arbeit im Freien.
Denn er kennt das auch anders,
es ist nicht seine erste Ausbildung:
Bauer war bei mir schon
seit ich laufen kann
und seit ich weiß,
dass es Kühe und Traktoren gibt,
mein Berufswunsch.
Das hatte ich immer im Hinterkopf.
Ich habe keinen Hof daheim,
dann ist es schwierig,
da eine Ausbildung zu machen,
wenn man das nicht vor der Tür hat.
Daher habe ich mich für
die Uhrmacherei entschieden
und bin dann aber wieder
zurückgekommen zur Landwirtschaft.
Weil ich dachte:
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Und mit 23 dachte ich,
mach ich es.
Vom Allgäu nach Oberbayern.
Ferdinand verbringt eine Woche an
der Landmaschinenschule in Landsberg.
In der Schule
ist es natürlich eine Umstellung,
wenn man als 23-Jähriger
in eine Klasse kommt,
wo jüngere Mitschüler mit einem
auf der Schulbank sitzen.
Aber dadurch,
dass es so abwechslungsreich ist
und so interessante Themengebiete
sind, ist es für mich kein Problem.
Hier lernt er auch
die Grundlagen des Schlepperfahrens.
Das Treckerfahren ist ja
für kleine Jungs oft ein Traum.
Ist es auch ein Groß-Männer-Traum?
Auf jeden Fall.
Das ist der Traum von jedem,
dass er mal auf einem Traktor fährt
mit 200 PS aufwärts oder 150.
Es macht einfach Spaß
und es ist ein Traum.
Was wiegt der Bock?
9,5 Tonnen ungefähr.
Fahren die Räder immer mit?
Die fahren immer mit,
das ist so.
Fast zwei Jahre Ausbildung
hat Ferdinand noch vor sich.
Seine Berufsaussichten sind
jetzt schon vielversprechend.
Auch ohne eigenen Hof
hat er gute Chancen unterzukommen,
in der Futtermittelbranche etwa
oder auch in der Energiewirtschaft.
Leute mit dieser sehr
praxisorientierten Ausbildung
sind gefragt.
Ich gehe sehr entspannt
an die ganze Situation.
Ich freue mich, dass ich den Schritt
gemacht habe mit der Landwirtschaft.
Es gibt so viele Möglichkeiten
in der Landwirtschaft,
sich weiterzubilden
oder weiterzuarbeiten,
dass mir das
überhaupt keine Sorge macht.
Vorbereitung für die Vieh-Auktion.
Zwei Braunviehkühe,
Vera und Elaine,
will Michael Denz
am nächsten Tag verkaufen.
Und er hat jetzt Unterstützung.
Seit August hilft Roman Mesmer
bei der Arbeit.
Ein ganzes Jahr lang
wird er auf dem Hof sein.
Kommst du selbst auch vom Hof?
Ja, meine Eltern oder wir
haben auch einen Hof daheim.
Somit hab ich etwas Erfahrung.
Grundlegende Dinge weiß man schon.
Ist das ein spezielles Kuh-Shampoo?
Ja, eigentlich schon.
Ja. Kommt aus Amerika.
Ziemlich speziell, ja.
Es löst den Dreck besser auf
und ist hautfreundlich.
Es bringt das Fell
eher zum Glänzen
als ein herkömmliches Shampoo.
Da brauchst du ziemlich viel,
normales Haar-Shampoo,
und so braucht man weniger Menge.
Wird dann sauber.
Kurz nach sechs Uhr in der Früh
machen sich Michael und Roman
auf den Weg nach Kempten.
In der Allgäu-Halle
findet heute die Vieh-Auktion statt.
Komm her.
Nur Braunvieh wird hier versteigert.
Die Rasse gilt
als guter Milchlieferant.
Eine letzte Dusche noch,
obwohl die Milchleistung letztlich
über den Preis entscheidet.
Erst nach gut zwei Jahren,
wenn sie ihr erstes Kalb geboren hat,
gibt eine Kuh Milch.
So lange hat auch Matthias gewartet.
Jetzt braucht er
wieder Platz im Stall.
Er muss verkaufen.
Ist die Auktion selber
spannend für dich anzuschauen?
Ja, es ist immer ein Ansporn da.
Man weiß ja nicht,
wie viel man kriegt
und was der Käufer ausgeben will
auf der Auktion.
Es ist immer wieder spannend.
Der Startpreis wird bereits
vor Auktionsbeginn festgesetzt.
Doch seitdem die Abschaffung
der Milchquote
den Milchpreis
in den Keller getrieben hat,
sind auch die Preise
für Milchkühe gesunken.
Schlechte Voraussetzungen also.
* Er ruft die Gebote aus. *
Sogar für Kälbchen
wird weniger gezahlt
als auf vergangenen Auktionen.
Viel geht heute nicht, darauf
macht sich auch Michael gefasst.
Zwischen 900 und 2300 Euro
erzielt eine Jungkuh.
Der Preis orientiert sich an ihrer
Milchleistung und ihrer Melkbarkeit.
1560, 1580, 1600.
1680, 1700, 1720, 1740.
Michael ist bereit.
Zwei Jahre lang war Vera in
seinem Stall, viel Arbeit und Zeit
und um die 1800 Euro,
die er investiert hat.
Jungkuh Vera startet mit 1000 Euro,
aber niemand bietet.
Der Auktionator
muss den Preis senken.
1000.
1000. 960 noch, 960.
960.
900.
920, 940, 960, 980.
980 sind geboten.
980 zum Zweiten.
980 zum Dritten.
Für nur 980 Euro geht Vera
am Ende an einen neuen Besitzer.
Es war eine Nullrunde.
Ich zahl drauf bei der Kuh.
Da ist nix mehr verdient an der Kuh.
Der, der sie hat,
kann sich glücklich schätzen.
Aber ich hab nix verdient,
ich hab nur die Arbeit gehabt.
In so einer Situation
kann man nix anderes machen.
Man will sie auch
nicht zum Schlachten tun.
Da kommt man schon ins Grübeln:
Ist das noch sinnvoll,
was man da macht?
Man hat sie 2,5 Jahre aufgepäppelt,
aus dem Dreck gezogen,
und dann kriegst du das Geld,
wo eigentlich nur ...
... nix bezahlt ist,
eine Nullrunde war.
Aber man muss damit leben.
Nützt nichts.
Altusried im Oberallgäu.
Das Wochenende verbringt
Lehrling Lucia bei ihren Eltern.
Und auch hier ist sie fleißig.
Die Familie besitzt
einen kleinen Hof mit 40 Kühen.
Vater Franz Mayer und Mutter Monika
haben den Betrieb
von den Großeltern übernommen.
Damals schon haben sie den Hof
auf ökologische Landwirtschaft
umgestellt.
Von der Biomilch lässt sich
deutlich besser leben.
Lucia ist die jüngste
der drei Töchter
und auch die, die sich am meisten
für den Hof begeistert.
Ihre Schwestern
haben andere Berufe gelernt.
Wir waren von klein auf,
als Babys mehr oder weniger,
schon im Stall mit dabei.
Dass wir richtig
zu gebrauchen waren,
das war erst später dann,
mit sechs, sieben oder so.
Aber wir waren immer dabei
und haben probiert zu helfen.
Eines der wenigen Mädchen
unter vielen Jungen
an der Landwirtschaftsschule zu sein,
hielt Lucia zunächst
von der Ausbildung ab.
Erst nach einer Gärtnerlehre
wagte sie den Schritt doch.
Es ist vielleicht ungewohnt
oder eher ungewöhnlich,
dass die Tochter Landwirt lernt.
Aber ich hab sie
davor schon unterstützt,
grad bei Maschinen.
Lucia hasst Maschinen eigentlich.
Ich hab immer versucht,
ihr zu zeigen,
dass das alles nicht so schwer ist.
Dass man auch als Frau
mit Maschinen arbeiten kann
und auch Anhänger und alles.
Aber ich bin auch der Meinung,
dass sie das nie
allein machen kann als Frau.
Sie braucht einen passenden Partner.
Den richtigen Partner
einmal vorausgesetzt,
auch wirtschaftlich
ist jeder Hof ein Wagnis.
Noch wäre es zu früh
für eine Übergabe,
auch wenn die Eltern
sich das vorstellen können.
Doch die Zukunft in der
Landwirtschaft ist kaum vorhersehbar.
Im Moment ist es schwierig.
Aber es kann nächstes, übernächstes
Jahr wieder nicht so sein.
Vor zwei Jahren war
die wirtschaftliche Lage ganz okay.
Davon kann man nicht
seine Berufsfindung
oder wohin es einen zieht
abhängig machen.
Wenn das so eindeutig ist
wie bei ihr,
das ist toll.
So, Mucki.
Lucia ist mit ihrer Wahl glücklich,
was andere davon halten,
interessiert sie weniger.
In der Gesellschaft aber ist
die Landwirtschaft ein Dauerbrenner.
Und vor allem ein Thema,
bei dem alle mitreden wollen.
Warum muss ein Kalb
weg von der Mutter?
Warum muss man so oft das Gras mähen
oder warum überlässt man die Natur
nicht sich selber?
Oder im Waldbereich, warum
muss man da "Monokulturen" machen?
Das mag mit Abstand betrachtet
schon in die Richtung gehen,
von außen, bloß wenn man
nicht in der Materie ist
und damit arbeiten muss und davon
leben, das ist der Unterschied ...
Wir machen das ja
nicht aus Jux und Tollerei,
sondern da geht's
ums nackte Überleben.
Und diese Diskrepanz
zwischen knallharter Nutztierhaltung
bzw. knallhartem Wirtschaften
auf dem Hof
und die ideale
Bilderbuch-Vorstellung
klafft extrem auseinander.
Drum brauchst du
eine gute Ausbildung,
einen guten Hintergrund,
damit du in solchen Diskussionen
bestehen kannst.
Zurück zum Ausbildungs-Hof
nach Immenstadt,
die lang gefürchtete
Abschlussprüfung.
Lucias erste Aufgabe war tatsächlich,
einen Baum zu fällen.
Das hat auch geklappt.
Jetzt geht es in den Kuhstall.
Das Sprunggelenk
ist hier bei der Kuh.
Die Fessel ist da unten.
Für Lucia ein Heimspiel.
Michael Denz ist auch mit im Stall.
Er arbeitet nebenher als Prüfer.
.... ob sie genügend
gefressen hat davor.
Erst mal hab ich eine Sinnesprüfung
beim Kalb gemacht.
Das Kalb sollte eine nasse Nase ...
Das Flotzmaul sollte feucht sein.
Wenn sie ganz trocken ist,
weiß man, irgendwas stimmt nicht.
Das Kalb könnte krank sein.
Dann schaut man sich die Ohren an:
Hat's ein Ohrenspiel,
bewegt's die Ohren
oder hängen sie bloß nach unten?
Dann schaut man,
wie's mit dem Fell ...
Das ist frisch geboren,
da ist's klar, dass es so ausschaut.
Aber bei Älteren
sollte das Fell glatt sein.
Gab's irgendwas, was du
schwer fandest oder nicht wusstest?
Ja, paar einzelne kleinere Fragen,
aber ich glaub,
das Hauptsächliche hab ich gewusst.
Ja, es hat schon gepasst.
- Es hat ganz gut gepasst.
Fast zwei Monate später
in Marktoberdorf.
Endlich ist es so weit:
Lucia und ihre Eltern bei der
Abschlussfeier, der "Freisprechung".
Heute bekommen die Lehrlinge
ihre Zeugnisse.
Trotz Milchkrise ist der Beruf
als Landwirt im Allgäu
immer noch beliebt.
Die Ausbildungszahl
bleibt seit Jahren konstant.
An diesem Abend werden 81 Absolventen
"freigesprochen".
Die zehn Besten
werden auf die Bühne gerufen.
Platz Nummer sechs.
Aus der Berufsschule Kempten.
Und es gilt der Grundsatz:
"Ladies first".
Lucia Mayer, Fronhofen,
mit dem Notendurchschnitt 1,69.
Alles Gute.
Herzlichen Glückwunsch.
Danke.
Super.
- Danke.
Das hätt ich jetzt nicht gedacht.
Jetzt bin ich ganz überrascht.
Ich hab nicht gedacht,
dass es so gut ausfällt.
Wie fühlt sich das an?
Voll gut.
Lucia wohnt wieder zu Hause
und genießt ihre Sommerferien,
soweit das auf einem Hof
eben möglich ist.
Wie's momentan aussieht,
werd ich mal den Hof übernehmen.
Aber das kann
ein paar Jahre dauern,
weil meine Eltern
sind auch noch nicht so alt,
dass man gleich übergeben kann.
Ich bin ja jetzt quasi
nur Geselle oder Landwirtsgehilfe.
Die Ausbildung ist somit
noch lang nicht abgeschlossen,
bis man dann wirklich
einen Betrieb führen kann.
Das dauert doch noch mal
ein paar Jahre.
Untertitelung: BR 2017